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richtig begriffen. Sie beobachtete nur verblüfft,
daß sich Carla, Blitzen und Kobo zusammen-
drückten, bereit, einen Angriff abzuwehren.
Dann begegnete ihr Blick dem des jungen
Wolfs. Alcott schien genauso verängstigt und ver-
wirrt zu sein wie sie. Auch er mußte die Energie
gespürt haben, die sich auf ihn übertragen hatte,
und er mußte die gleiche trügerische Hoffnung
wie sie gehabt haben, daß sich nun alles zum Gu-
ten wenden würde. Die Hoffnung in seinem Blick
war noch nicht ganz verschwunden, aber so, wie
es aussah, würde er keine Chance mehr haben.
Sein Onkel hatte sich durchgesetzt und nutzte jetzt
Virginias Schwäche gnadenlos aus, um seine
fürchterliche Androhung in die Tat umzusetzen.
Virginia ahnte nicht, daß Nick und die Katzen-
frauen mit ihr litten. Das Bild ihrer Kristallkugel,
in der sie aus der Ferne die dramatischen Vorgän-
ge verfolgten, flackerte kurz auf, als habe etwas
die Verbindung überlagert. Als es sich wieder sta-
bilisierte und die Katzenfrauen erkannten, daß die
Wölfe den Kreis um Carla, Kobo und Blitzen gna-
denlos eng zogen, schrien sie wie aus einer Kehle
auf.
»Tu doch was, Nick«, schrie Latisha. »Die Wölfe
sind gerade im Begriff, über deinen Elf herzufal-
len! «
»Das seh' ich«, preßte Nick hervor. Er beugte
sich über die Kristallkugel und konzentrierte sich,
versuchte die Verbindung zu ihrer Magie herzu-
stellen, die Resonanz in seiner Seele zu finden, die
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ihn befähigen konnte, die Kugel aktiv zu nutzen.
Seine ehrliche Besorgnis um Virginia war der
Schlüssel zu der Kraft der Kugel, die Brücke, über
die er gehen konnte, um sie zu erreichen.
»Der Wall ist ein nützliches Werkzeug, Virginia,
aber du brauchst ihn nicht«, sagte Nick beschwö-
rend und mit der sicheren Gewißheit, daß sie ihn
hören würde. »Benutz statt dessen deine Hände!«
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Der Ring der Wölfe schloß sich und zog sich
immer enger um die drei Helfer Virginias,
und zum erstenmal drängte sich Nick der
Gedanke auf, daß auch sie ernsthaft in Gefahr wa-
ren. Eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes
bahnte sich an. Wenn ihn Virginia nicht verstan-
den hatte, wenn sie nicht begriff, was er meinte,
wenn sie es nicht umsetzen konnte - dann war al-
les aus. Dann hatte er mit seinem Versuch, recht-
zeitig einen Elf zu finden, mehr Schaden angerich-
tet als alles andere.
Doch dann hob Virginia den Kopf und schien
geradewegs in seine Richtung zu sehen und Nick
hatte das Gefühl, daß sie ihn sehr wohl verstanden
hatte. Die Wölfe kamen langsam näher, aber in ih-
rem Gesicht spiegelte sich keine Furcht, sondern
Entschlossenheit. Und doch hatte Virginia Angst,
Es war eine tiefe, bohrende Angst, die an frühere
Zeiten gemahnte, an das, was passiert war, nach-
dem ihr Vater gestorben war und ihre heile Welt
unwiederbringlich zusammengebrochen war. Da-
mals wie heute hatte sie magische Kräfte zwingen
wollen, das Schicksal nach ihrem Willen zu verän-
dern. Sie hatte ihren Vater gehaßt, einen tiefen,
brodelnden Haß auf ihn empfunden, weil er sie so
grausam verlassen hatte. Und doch hatte sie sich
nichts so sehr gewünscht, als daß er wieder dasein
sollte, bei ihr und seiner Familie und nicht auf dem
Friedhof, wo überhaupt kein Mensch hingehörte,
den man liebte.
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Sie hatte nachts stundenlang wach gelegen, von
Ängsten und Zweifeln geplagt, aber auch von der
Vorstellung, ihren Vater zurückzwingen zu kön-
nen, wenn ihr Herz nur rein war und sie ein ganz
braves Mädchen war. Doch irgend etwas war
schiefgegangen. Wahrscheinlich war sie nicht ar-
tig genug gewesen, hatte sich nicht genug auf das
wahre Gute konzentrieren können.
Nein. Es war sinnlos. Vielleicht war es ja Wirk-
lichkeit, was sie erlebte, und dies ein echtes magi-
sches Erlebnis. Aber wie konnte sie so vermessen
sein zu glauben, daß ausgerechnet sie die Kraft ha-
ben würde, etwas zu schaffen, an dem selbst Nick
gescheitert war. Doch irgend etwas war anders als
damals. Es war vielleicht nur ein kleiner Unter-
schied, ein winziger Hauch von Lebendigkeit im
Gegensatz zu dem kalten Grauen des Todes, der
ihre Gedanken und Gefühle in eine andere Rich-
tung lenkte. Es war, als würde Nick wieder in ih-
ren Gedanken zu ihr sprechen, als berühre sein in-
neres Wesen ihre Seele.
»Laß dich von der Liebe durchdringen«, hörte
sie Nick. Seine Stimme war leise, aber so kraftvoll
wie selten zuvor. »Spür nur die Liebe, mein
Schatz. Hab Vertrauen.«
Sie hörte die Stinune ganz deutlich; sie war
kraftvoll und sanft zugleich, und vielleicht war es
der Ausdruck grenzenlosen Vertrauens in ihr, der
ihr die Kraft gab, daß zu versuchen, was ihr bis-
lang unmöglich erschienen war. Virginia schloß
die Augen, aber die Szene um sie herum schien
sich geradezu auf ihrer Netzhaut festgebrannt zu
haben. Sie sah den jungen Wolf vor sich, ein Kind,
mit unendlich traurigen Augen, die sie an die Ri-
cos erinnerten, wenn er mal wieder mit einem Satz
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total ins Schleudern geraten war. Es war der Blick
eines Wesens, das anders war als seine Artgenos-
sen, gehandikapt, ohne die Hoffnung, daß sich
daran jemals etwas ändern würde.
Und in sich spürte sie für Alcott plötzlich die
gleiche Liebe, wie sie sie für Rico empfunden hat-
te. Es war ein tiefes Gefühl, eine Verbundenheit,
die über das normale Maß hinausging und sicher-
lich über das, was sie je zwischen sich selbst und
einem Wolf für möglich gehalten hätte. Virginia
schloß die Augen, und in ihr war nichts mehr als
ihr Gefühl für Alcott und die Vorstellung, daß er
wieder gesund war. Sie hatte vergessen, wo sie
war und was sie hier zu suchen hatte. Es war ihr
nicht bewußt, wie gefährlich nah auch ihr drei,
vier hungrige Wölfe gekommen waren, die jeden
Moment einen Satz vorwärts machen konnten, um
sie zu packen und sie im wahrsten Sinne des Wor-
tes zu verschlingen.
Sie breitete die Hände über Alcott aus, und wie-
der verspürte sie die Kraft und Energie, die von
ihr zu dem jungen Wolf floß. Doch irgend etwas
war diesmal anders. Der Kontakt schien irgend-
wie ... intensiver zu sein. Ein sanftes Strahlen ging
von ihren Händen zu Alcott über, stark genug, um
von den umgebenden Wölfen bemerkt zu werden,
aber zu schwach, um sie von ihrem Vorhaben ab-
zubringen. Ein Wolf fletschte die Zähne und, be-
reit zum Zuschlagen, duckte sich, um sie anzu-
springen.
»Wartet!« befahl Rocco. Der Anführer des Ru-
dels hatte wie der Rest der Wölfe, die in Virginias
Nähe waren, bemerkt, was vor sich ging, aber er
hatte andere Schlüsse daraus gezogen als seine
hungrigen Artgenossen, die jetzt nur noch an die
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Mahlzeit dachten, die sich in einladender Entfer-
nung vor ihren Nasen befand.
Virginia kniff die Augen noch fester zusam-
men, und die Welt um sie herum verschwamm
vollkommen in der Vorstellung des geheilten Al-
cott, des jungen, schönen Wolfs mit den vier Pfo-
ten, der vergnügt durch die Gegend sprang, sein
Leben genoß und nicht mehr länger abseits stand,
wenn sich die anderen vergnügten. Als sie voll-
kommen in diese Vision eintauchte, verdichtete
sich das Strahlen, und ein wunderschönes, fun-
kelndes weißes Licht schoß vom Himmel herab. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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