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träumte er manchmal, daß er  ungesehen und ungehört  bei
seiner eigenen Beerdigung die Doxologie sang.
Es gibt Dinge, die sich einfach nicht anderen mitteilen
lassen, und es gibt andere, die zwar nicht direkt geheimnis-
voll sind, über die man aber doch nicht spricht. Einen Tag,
nachdem der Sturm sich ausgetobt hatte, hatten sie Stella
erfroren auf dem Festland gefunden. Sie saß auf einem na-
türlichen Felsstuhl, etwa 100 Yards südlich der Stadtgren-
zen von Raccoon Head. Der Arzt äußerte sein Erstaunen.
Stella hatte einen Weg von mehr als vier Meilen zurückge-
legt, und die bei unerwarteten, außergewöhnlichen Todes-
fällen gesetzlich vorgeschriebene Autopsie hatte Krebs in
fortgeschrittenem Stadium ergeben  die alte Frau war da-
von ganz zerfressen gewesen. Hätte Alden David und Lois
sagen sollen, daß die Mütze auf Stellas Kopf nicht die seini-
ge gewesen war? Larry McKeen hatte diese Mütze wiederer-
kannt. Ebenso John Bensohn. Er hatte es in ihren Augen ge-
lesen, und vermutlich hatten sie es in seinen Augen gele-
sen. Er war noch nicht so alt, daß er die Mütze seines toten
Vaters vergessen hätte, ihre Form oder die Stellen, wo der
Schirm eingerissen gewesen war.
»Das sind Dinge, über die man langsam nachdenken
muß«, hätte er den Kindern gesagt, wenn er dafür die rich-
tigen Worte gefunden hätte. »Dinge, über die man lange
nachdenken muß, während die Hände ihre Arbeit verrichten
und der Kaffee in einer stabilen Porzellankanne neben einem
steht. Vielleicht sind es Fragen der Meeresstraße: singen die
Toten? Und Heben sie die Lebenden?«
In den Nächten, nachdem Lona und Hai mit ihren El-
tern in Al Currys Boot aufs Festland zurückgefahren wa-
ren und die Kinder zum Abschied gewinkt hatten, dach-
te Alden über diese und andere Fragen und über die Sa-
che mit der Mütze seines Vaters nach.
Singen die Toten? Lieben sie?
In jenen langen einsamen Nächten, als seine Mutter
Stella Flanders zu guter Letzt in ihrem Grabe lag, kam es
Alden oft so vor, als täten sie beides.
Der Sensenmann
»Wir haben ihn letztes Jahr nach oben geschafft, und das
war eine ganz schöne Arbeit«, sagte Mr. Carlin, während
sie die Treppe hinaufgingen, »Aber eine andere Möglich-
keit gab es nicht. Wir haben also bei Lloyd eine Versiche-
rung abgeschlossen  vorher hätten wir uns nicht einmal
getraut, ihn aus seinem Rahmen im Salon zu nehmen.
Lloyd war die einzige Agentur, die eine Versicherungs-
summe in dieser Höhe akzeptiert hat.«
Spangler schwieg. Der Mann war ein Dummkopf,
Johnson Spangler hatte schon vor langer Zeit gelernt,
daß man mit einem Dummkopf am besten zurechtkam,
wenn man ihn völlig ignorierte.
»Für eine Viertelmillion Dollar haben wir ihn versi-
chert«, fuhr Mr. Carlin fort, als sie im ersten Stock ange-
langt waren. Seine Lippen verzogen sich zu einem halb
bitteren, halb humorvollen Lächeln. »Hat uns 'ne ganz
schöne Stange Geld gekostet.« Er war ein kleiner, nicht
gerade schlanker Mann mit randloser Brille und einem
braungebrannten Kahlkopf, der wie ein blankpolierter
Volleyball glänzte. Eine Rüstung, die den mahagonigetä-
felten Korridor bewachte, starrte sie teilnahmslos an.
Es war ein langer Korridor, und Spangler musterte im
Vorbeigehen die Exponate mit kühlem Kennerblick. Sa-
muel Claggert hatte eine Unmenge aller möglichen Din-
ge gekauft, aber er hatte dabei keinen erlesenen Ge-
schmack bewiesen. Wie so viele Industriemagnate des
ausgehenden 19. Jahrhunderts, die sich aus eigenen
Kräften hochgearbeitet hatten, hatte auch Claggert sich
zwar für einen Kunstsammler gehalten, war aber kaum
jemals über das Niveau eines Mannes hinausgekommen,
der Trödelmärkte und Pfandleihhäuser abklappert. Eine
besondere Vorliebe hatte er stets für gräßlich kitschige
Gemälde, Schundromane und sentimentale Gedicht-
sammlungen in teuren Ledereinbänden sowie scheußli-
che Skulpturen gehabt. Er hatte das alles für wahre
Kunst gehalten.
Hier oben waren die Wände dicht behängt mit unech-
ten marokkanischen Draperien, mit unzähligen Madon-
nen, die ihrerseits wieder unzählige Kinder mit Heiligen-
scheinen auf den Armen trugen, während unzählige En-
gel im Hintergrund umherflatterten, sowie mit grotesk
verzierten Kandelabern  ein besonders scheußliches
Exemplar war mit einer wollüstig lächelnden Nymphe
geschmückt.
Natürlich hatte der alte Gauner auch einige sehr inter-
essante Stücke erworben  das war nach der Wahr-
scheinlichkeitstheorie ja auch gar nicht anders zu erwar-
ten. Und wenn das Samuel Claggert Memorial Private
Museum (Führungen jeweils zur vollen Stunde  Ein-
trittspreise: Erwachsene l Dollar, Kinder 50 Cent) auch
zu 98 Prozent nur Ramsch zu bieten hatte, so blieben da
immer noch jene restlichen 2 Prozent - Raritäten wie das
Combs-Gewehr über dem Kamin in der Küche, die selt-
same kleine camera obscura im Arbeitszimmer und
selbstverständlich der...
»Der Delver-Spiegel wurde nach einem ziemlich uner-
freulichen Vorfall aus dem Salon entfernt«, sagte Mr.
Carlin plötzlich, offensichtlich zum Reden animiert
durch das entsetzlich glänzende Porträt eines Unbekann-
ten am Fuße der nächsten Treppe. »Es gab auch früher
schon höchst bedauerliche Auftritte - harte Worte, wil-
de Behauptungen - aber dieser letzte Vorfall... das war
wirklich ein Versuch, den Spiegel zu zerstören. Die Frau,
eine Miß Sandra Bates, hatte einen Stein in ihrer Mantel-
tasche. Glücklicherweise zielte sie schlecht und beschä-
digte nur eine Ecke des Rahmens. Der Spiegel blieb un-
versehrt. Diese Bates hatte einen Bruder...«
»Sie können sich Ihre üblichen Erklärungen sparen«,
sagte Spangler ruhig. »Ich bin mit der Geschichte des
Delver-Spiegels bestens vertraut.«
»Sie ist faszinierend, nicht wahr?« fragte Carlin mit ei-
nem eigenartigen Seitenblick. »Da war jene englische
Herzogin im Jahre 1709... und 1746 der Teppichhändler
in Pennsylvania... ganz zu schweigen von...«
»Ich bin mit der Geschichte bestens vertraut«, wieder-
holte Spangler nachdrücklich. »Mich interessiert aber
nur der künstlerische Wert. Und außerdem ist da natür-
lich noch die Frage der Echtheit.«
»Echtheit!« kicherte Mr. Carlin trocken. »Der Spiegel
ist von Experten begutachtet worden, Mr. Spangler.«
»Das war auch bei der Lemlier-Stradivari der Fall.« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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